Lange Wartezeiten in Staus, fehlende innerstädtische Umschlagflächen, Parken in zweiter Reihe und nicht anzutreffende Sendungsempfänger: Die städtischen Logistikdienstleister stehen täglich vor mehreren Herausforderungen.
Leiter des Fachgebiets Logistik an der Technischen Universität Berlin
Neue Logistikplattform entsteht
Damit diese Zukunftsversion Realität wird, startete Anfang 2021 „BeIntelli“, ein Projekt, das das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit 13 Millionen Euro förderte. Insgesamt beläuft sich das Projektvolumen auf rund 17 Millionen Euro. In einem Reallabor am Kurfürstendamm in Berlin wird dazu eine Teststrecke für die Erprobung verschiedener Anwendungsfälle des autonomen Fahrens realisiert. Mehrere Sensoren sammeln aktuelle Verkehrsdaten, die mittels künstlicher Intelligenz ausgewertet werden.
Mit Hilfe der Sensorinfrastruktur können seit einiger Zeit teilautonome Serienfahrzeuge Daten empfangen, die das Erkennen von Radfahrenden beim Abbiegen oder die optimale Geschwindigkeitswahl zum Erreichen einer grünen Ampel ermöglichen.
Ergänzend zur Sensorinfrastruktur wird im BeIntelli-Projekt eine Mobilitäts- und Logistikplattform aufgebaut, welche anonymisierte Bewegungsdaten und Bestell- und Retourenverhalten von Verkehrsteilnehmern und Logistikkunden entlang der Teststrecke erfasst. Mit Hilfe der gesammelten Daten sollen die Citylogistik optimiert und neue Geschäftsmodelle auf der letzten Meile gefördert werden. Durch selbstlernende KI-Algorithmen kann die zukünftige Verkehrslage vorausgesagt und Lieferrouten können entsprechend angepasst werden.
Vorhersagen zu Lieferaufkommen ermöglichen eine bessere Planung von Ressourcen und Kapazitäten und effizientere Bündelungen von Transporten und eine dynamische Parkraumsteuerung der Zustellfahrzeuge.
Diese Neuerungen bieten insbesondere bei Personalkosten ein Einsparpotenzial für Logistikdienstleister und ermöglichen durch die erhöhte Transporteffizienz eine Reduktion der Betriebskosten und eine Steigerung der Nachhaltigkeit für die Lieferkette.
Inhalte von BeIntelli sind erlebbar
Neben der technischen Umsetzung des autonomen Fahrens und mobilitätsverbessernden KI-Plattformen werden die Inhalte von BeIntelli den Bürgern und den in der Logistikdienstleistung beschäftigten Mitarbeitenden erleb- und erklärbar gemacht. Hierzu wird nahe des TU-Berlin-Campus ein Zentrum für erlebbare künstliche Intelligenz in der Mobilität errichtet, in dem Interessierte aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie die Bewohner Berlins die Zusammenhänge hinter den neu entwickelten Technologien aktiv erleben können. Die Besucher können durch ihr Feedback aktiv zur Gestaltung der neuen Konzepte beitragen und somit die Stadt- und Verkehrsplanung der Zukunft beeinflussen.
Das Fachgebiet Logistik der TU Berlin untersucht in BeIntelli logistische Anwendungsfälle für das autonome Fahren und KI-Plattformen. Durch die innerstädtische Lage der Teststrecke werden diese im Anwendungsbereich der letzten Meile liegen. Hierzu wird ein Lieferfahrzeug zum autonomen Fahren ausgerüstet, ein Kundenstamm entlang der Teststrecke aufgebaut und ein Mikrodepot eingerichtet, aus dem Lieferungen an gewerbliche und private Endkunden versandt werden. Zur Kommunikation von Kunden, Dienstleistern und Mobilitätsplattformen wird eine Anwendung entwickelt, welche zum Datenaustausch verwendet werden kann. Durch Methoden des maschinellen Lernens werden Algorithmen programmiert, um eine effiziente und autonome Auslieferung zu ermöglichen. Zusammen mit den anderen Inhalten von BeIntelli – wie smarten Kreuzungen, autonomen ÖPNV-Systemen und intelligenter Parkplatzfindung – ist es das Ziel, gemeinsam mit dem projektleitenden Labor für Distributed Artificial Intelligence und Prof. Sahin Albayrak, Leiter des Labors, und der dort entwickelten und mehrfach erprobten „AI Engine“, die Zukunft der innerstädtischen Mobilität zu gestalten.