Kommunen sollten sich stärker mit Steuerung des städtischen Güterverkehrs befassen.
Kommunen sollten sich stärker mit Steuerung des städtischen Güterverkehrs befassen.
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Die urbane Logistik wird bei der städtebaulichen Planung von Politik und Verwaltung in Metropolregionen oft zu wenig beachtet. Das ist der Eindruck von Prof. Uwe Clausen, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik in Dortmund. Konzepte für Logistik und Mobilität waren im September Thema beim Zukunftskongress Logistik.
Zu den wesentlichen Herausforderungen der städtischen Logistik gehört es für Clausen unter anderem, negative Auswirkungen durch Lärm und Emissionen auf Gesundheit, Sicherheit und Umwelt zu vermeiden, die Auslieferung auf der letzten Meile zu verbessern sowie das Verkehrsflussmanagement zu optimieren. In Europa gibt es einige Städte, die wegweisende Projekte auf den Weg gebracht haben, wie Oslo, Barcelona und Houten.
In Oslo wurde die Innenstadt vollständig für Autos gesperrt, wodurch die Emissionen deutlich gesenkt wurden. Anlieferungen werden mit Elektromobilität erledigt. In Barcelona wurden Wohnblöcke zu Superblocks zusammengeführt und die Zahl der Autos um 60 Prozent reduziert. In Houten wurde die Radverkehrsinfrastruktur ausgebaut. In allen drei Städten stiegen durch die Maßnahmen die Umsätze der innerstädtischen Unternehmen und der Gastronomie.
Für die Innenstadtlogistik hält Clausen langfristig automatisierte Fahrzeuge für geeignete Transportmittel. Für deren Einsatz müsste die Logistikbranche gemeinsam mit Stadtvertretern die Voraussetzungen und technischen Rahmenbedingungen wie Datenschnittstellen und Kommunikationsinfrastruktur definieren. Ferner sei bei der Planung beispielsweise von Standorten für Mikrodepots die Nähe zur letzten Meile entscheidend. „Europas Städte sind im Wandel und Zentrum von Innovation. Dabei darf Wirtschaftsverkehr nicht vergessen werden“, betont der Institutsleiter. Das berge zudem Chancen, dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Dass die Logistik mitunter von Kommunen nicht ausreichend bedacht und geplant wird, bemängelt Christian Jacobi, geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Agiplan. Grundsätzlich müssten die Interessenvertreter aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen in Sachen urbane Logistik besser in den Dialog kommen. „Logistik ist nicht in allen Städten als relevant anerkannt“, beobachtet Jacobi. Infolgedessen würden mitunter nicht genügend Flächen zur Verfügung gestellt. „Das macht es dann schwer.“ Auch sei das Image der Logistik bei Städten und den Bürgern oftmals nicht positiv.
Es kommt laut Jacobi vor, dass Viertel geplant werden, ohne den Wirtschaftsverkehr zu berücksichtigen. „Wie kann das passieren?“, fragt sich der Geschäftsführer, der zudem den Themenkreis urbane Logistik der Bundesvereinigung Logistik leitet. Städte müssten Mobilität von Personen und Gütern gewährleisten. Der Themenkreis hat daher ein Manual erarbeitet, das allen Stakeholdern die Herausforderungen dieses Themenfelds nahebringt und den Dialog fördern soll.
Ein wesentlicher Grund, sich mit der Steuerung des städtischen Güterverkehrs auseinanderzusetzen, sei die Zunahme des Paketsendungsvolumens. Ansonsten seien mehr Lieferfahrzeuge und Flächenverbrauch mit den entsprechenden Folgen für den Verkehrsfluss sowie höhere Kosten und steigende Emissionen die Folge. „Es gibt viele Lösungen für die letzte Meile“, unterstreicht Jacobi. „Doch diese müssen intelligent kombiniert werden und zu den jeweiligen Standorten passen.“ Die Anforderungen seien in der Innenstadt andere als am Stadtrand oder im Umland. Jacobi begrüßt in dem Zusammenhang, dass immer mehr Städte einen Ansprechpartner für die Logistik benennen. Dieser müsse allerdings auch mit Kompetenz und Befugnissen ausgestattet sein.
Städtische Logistik wird von einem weiteren Aspekt geprägt, auf den Steven van Cauteren von der Frachtenbörse Timocom hinweist: das Konsumverhalten und die Erwartungshaltung der Verbraucher. Darauf reagieren nämlich die Logistikdienstleister mit entsprechenden Services wie taggleiche Lieferung. Das führt zu kleinen Sendungsvolumen und mehr Verkehren. Auf der mittleren Meile habe zwar jedes Unternehmen technische Systeme, um die Verkehre und Transportauslastung zu optimieren. Auf der letzten Meile sei dies allerdings nicht mehr durchgehend der Fall.
Van Cauteren hält es künftig auch nicht mehr für angemessen, dass Lieferungen und Rücksendungen für B2C-Empfänger kostenfrei sind.
Städteranking
Hamburg ist nach einer Untersuchung des Digitalverbands Bitkom die smarteste Stadt in Deutschland. Auf dem zweiten Platz liegt München, gefolgt von Dresden, das enorm aufgeholt hat. An vierter Stelle liegt Köln. Es folgen Stuttgart, Nürnberg, Aachen, Bochum, Düsseldorf und Darmstadt. In den Smart City Index sind auch die Zahl von Mikrohubs und die Umsetzung alternativer Zustellkonzepte eingeflossen.