Die Haustürzustellung ist weiterhin die am meisten genutzte Option von Privatempfängern. Doch ist der Kunde nicht zu Hause, wenn der Zusteller klingelt, ist das für beide Seiten ärgerlich.
Der Empfänger bekommt seine Sendung nicht, und der Paketbote muss einen neuen Zustellversuch unternehmen oder die Sendung beim Nachbarn oder in einem Paketshop abgeben.
Mit der Vorzimmerzustellung, also der Zustellung in den Haus- oder Wohnungsflur, will die Österreichische Post sicherstellen, dass die Sendung immer beim Kunden ankommt.
100 Kunden haben die Vorzimmerzustellung der Österreichischen Post fünf Monate getestet.
Foto: Deutsche Post
Auch wenn mancher den Paketboten nicht in seine vier Wände lassen möchte, fand das Projekt in Österreich großen Anklang. „Wir haben 100 Tester und Testerinnen gesucht, die haben wir auch sehr schnell gefunden. Alleine in den ersten 24 Stunden haben uns über 1.000 Anmeldungen erreicht“, sagt ein Sprecher der Österreichischen Post.
Die Testphase lief von Juni bis Dezember 2021. Wie viele Pakete im Rahmen des Pilotversuchs zugestellt wurden, hat die Österreichische Post bislang nicht bekanntgegeben. Aber „wir bewegen uns im vierstelligen Bereich“, sagte der Post-Sprecher.
Smarte Technik
Für die Vorzimmerzustellung kooperiert die Post mit den Herstellern Nuki und A1 Telekom Austria. Ersterer stellt das intelligente Türschloss zur Verfügung. Mittels des Handscanners kann der Paketbote dieses freischalten und die Sendung hinter der Tür deponieren, wenn der Empfänger nicht zu Hause ist.
Eine Bodenmatte im Flur markiert den Platz, an dem die Sendung hinterlegt werden soll. Über die Smarthome-Technologien von A1 haben Empfänger die Möglichkeit, die Zustellung über eine Webcam live zu verfolgen oder sich das Video bis zu 72 Stunden im Nachhinein anzuschauen.
Die Paketboten erhielten zusätzliche Schulungen zur Technik. Dennoch wurden einige Details erst im Rahmen des Projektes ausgearbeitet, so die Österreichische Post. „Wir haben viel über den operativen Aufwand gelernt: Das Koppeln der Zusteller-Handhelds mit den Schlössern et cetera. Hier gab es noch keine standardisierte Anbindung, da wir uns ja noch in der Testphase befunden haben“, erklärte der Post-Sprecher.
Ob und wie die Post die Vorzimmerzustellung weiterhin anbieten wird, ist noch nicht bekannt. Aber man habe zeigen können, dass es sowohl aufseiten des Zustellers als auch des Kunden funktioniere.
„Eigentlich müssen da, wo jetzt Briefkästen stehen, Paketboxen aufgebaut werden.“
Julian Wulf, Mitgründer Comydo
Ansätze aus anderen Ländern
Auch in Deutschland gibt es Überlegungen, wie man die Haustürzustellung organisieren könnte, ohne dass der Privatkunde zu Hause sein muss. Eine Lösung kommt vom Hamburger Start-up Comydo, welches das Paket zum Schlüssel für den Zusteller macht. Letzterer scannt den Barcode an einem an der Tür angebrachten Device und erhält Zutritt.
Gedacht ist die Comydo-Lösung für Mehrfamilienhäuser, beispielsweise in Großstädten. Zudem gelangt der Zusteller nicht bis in die Wohnung, sondern lediglich bis in den Hausflur. Und auch nur, wenn eine Abstellgenehmigung für die betroffene Sendung vorliegt. Ist das nicht der Fall, geht die Sendung den gewohnten Weg, und es erfolgt ein neuer Zustellversuch oder das Paket wird bei einem Nachbarn oder in einem Paketshop abgegeben.
Comydo arbeitet in erster Linie mit Wohnungswirtschaftsunternehmen und ist seit 2019 deutschlandweit zu finden. Am besten funktioniere die Zustellung, wenn zusätzlich zum schlüssellosen Zugang auch Paketboxen in Wohngebäuden bereitgestellt würden, sagt Comydo-Mitgründer Julian Wulf. Nicht von den Paketdiensten selbst, sondern von externen, anbieteroffenen Unternehmen. „Eigentlich müssen da, wo jetzt Briefkästen stehen, Paketboxen aufgebaut werden“, so Wulf. Immerhin sinke die Zahl der Briefe, während das Paketvolumen weiter wachse.
Ein offenes System
KEP-Dienste können die Comydo-Lösung ohne großen Aufwand integrieren, da die Software an die ohnehin existierende Sendungsverfolgung andockt. „Wir wollten ganz bewusst nicht über das Handheld der Zusteller gehen“, sagt Wulf. Das wäre technisch zwar möglich gewesen, so hätte aber jeder KEP-Dienst einzeln an das System angebunden werden müssen. „Am Ende wäre es doch nur eine Insellösung gewesen“, so der Gründer weiter. Indem der Schlüssel zum Gebäude aber im Barcode des Pakets hinterlegt wird, ist die Lösung anbieteroffen.
Zusteller kämen intuitiv mit dem System zurecht, erklärt Wulf. Wenn sie das rote Lämpchen neben der Türklingen sehen, würden sie meist automatisch versuchen, das Paket zu scannen.
Auch Amazon stellt seit 2017 bis hinter die Haus- oder Garagentür zu – allerdings nur in ausgewählten Städten in den USA. Ziel ist es, die Zustellquote zu erhöhen und die Zeit, die eine Zustellung in Anspruch nimmt, zu reduzieren.
Selbiges ist auch der Hintergrund für den Pilotversuch in Österreich. Denn, so der KEP-Dienstleister, mit dem steigenden Sendungsvolumen müssen KEP-Dienste auf alternative Zustellmöglichkeiten, wie etwa Locker oder Paketshops, zurückgreifen. Oder eben das Paket sicher im Zuhause des Empfängers deponieren.