Von Tim-Oliver Frische
„Urbane Logistik neu gestalten!“ Wie das gelingen kann, zeigte das Event „THE LAB“ im Digital Hub Logistics Hamburg.
Fotos: Dierk Kruse
Die Gastgeber Oliver Detje, Verlagsleiter der DVV Media Group mit Johannes Berg, Geschäftsführer des Digital Hub Logistics Hamburg
Jan-Oliver Siebrand, Leiter des Geschäftsbereiches Nachhaltigkeit und Mobilität der Handelskammer Hamburg
Nur gemeinsam Stark
Stürme in Wassergläsern, so die Binse, sind ja eine laue Sache. Aber der 5. Boden im Digital Hub Logistics in der Speicherstadt bot nicht nur die perfekte Location. Es sprudelte hier nur so vor Ideen und Lösungen für eine lebenswerte Stadt. Und das ist keine einfache Sache, „eher eine Mammutaufgabe“, wie Hermes-COO Martin Schlüter im Nachgang zum Event in den sozialen Medien postete: „Sicher ist, wir können urbane Logistik nur gemeinsam gestalten.“ Als Paketdienstleister wolle das Unternehmen nicht nur tagtäglich in den Straßen sowie auf den Fuß- und Fahrradwegen der Bundesrepublik ein Teil des Bildes sein, „sondern vielmehr aktiv unseren Beitrag zur Mobilitätswende und zu lebenswerten Räumen leisten, gerade in den Innenstädten“. Nachhaltige Lösungen für die City-Logistik von morgen zu entwickeln und umzusetzen sei für den Logistikdienstleister deshalb „essenziell“.
Monja Mühling, Co-Founder & CEO von Smartlane, nahm diesen Ball auf. „Aus meiner Sicht sind entscheidend: ein gemeinsames Mindset und der Willen, eine lebenswerte Stadt zu erreichen (was im Übrigen nicht den eigenen wirtschaftlichen Interessen entgehen stehen muss). Ein offener Datenaustausch, um diese für den effizienten Einsatz von Verkehrsmitteln und ‑trägern zu nutzen. Innovative Technologien, die optimieren, automatisieren, integrierbar und im besten Falle selbstlernend sind. Danke für die Diskussion zu meinen Gedanken. Wir stehen mit unserem Mindset bereit — Let´s Go!“
Ein Aufruf mit Substanz: ONO, präsentiert von CMO Inga Töller, arbeitet mit klimaneutralen Lastenrädern, die kleine Container bewegen. Sechs davon passen auf einen Pkw-Parkplatz. Das Unternehmen kooperiert mit dem Parkraum-Spezialisten Apcoa, der in mehr als 13.000 Standorten in Europa die Möglichkeit bietet, in den Parkraum-Immobilien Urban Hubs zu betreiben. Ono fährt beispielsweise für das Textilunternehmen Mewa in Berlin und Hamburg in einer B2B-Geschäftsbeziehung. Durch das Zusammenspiel der drei Unternehmen und der praktizierten White Label-Lösung vor Ort, ergeben sich neue Chancen bei der Gestaltung der letzten Meile.
Kommunen: mehr gestalten und kommunizieren
Michael Pfefferle, Bereichsleiter Smart City & Smart Region beim Bitkom, fokussierte zusammen mit Carsten Hansen, Leiter Grundsatzfragen und Innenstadt beim BIEK, auf das hiesige Paketvolumen. 4,51 Milliarden Pakete seien 2021 in Deutschland verschickt worden, sagten sie unisono. „Jedoch verfügen laut Smart City Index nur 47 Prozent der Großstädte über Mikrodepots und lediglich 60 Prozent über alternative Zustellmethoden auf der letzten Meile“, so Pfefferle. Für Städte und Logistikunternehmen bestehe hier eine „gigantische Herausforderung, die nur durch eine stärkere Vernetzung zu bewerkstelligen ist. Und wie Alexander Handschuh vom Deutscher Städte- und Gemeindebund aufzeigte, müssen sich Kommunen ihrer Gestaltungsaufgabe stärker bewusstwerden und in den Dialog mit Unternehmen treten“, forderte er. „Wir müssen hier mehr Tempo machen“, reichte ihm DStGB-Sprecher Handschuh verbal die Hand.
Um in 15 Minuten alle Dinge des täglichen Lebens zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen, seien Verbote und Einzellösungen nicht zielführend, stellte dagegen Siebrand weiter fest. City-Logistikkonzepte sollten anbieterübergreifend und skalierbar sein. Allerdings müssten dafür auch die erforderlichen Flächen bereitgestellt werden – siehe Gestaltungsauftrag der Kommunen. Tunnel für 300 Meter und zu viel Geld seien für Hamburg nicht der richtige Weg. „Warum nicht über überirdische Gondelverkehre denken oder eine Renaissance der Straßenbahn ins Spiel bringen?“, fragte er ins Publikum.
Rytle zeigt Skalierbarkeit und Bike
Zumindest in Sachen Skalierbarkeit legte Rytle auf der Solutions-Stage im THE LAB vor. Mittlerweile bewege die Deutsche Post allein 5.000 Lastenfahrräder aus seinem Hause, 6.000 seien es insgesamt in 16 Ländern, führte Johannes Hill aus. Als Head of Global Business Development sieht er Rytle in einer neuen Phase, „in einer 2.0‑Phase“, wie er sagte. 90 Beschäftigte zählt das Unternehmen, „das seine Start-up-DNA nie verloren hat“, betont Hille. Engineering und Produktion treffen sich dabei unter einem Dach, und „das Maß der Logistik ist die Palette“, so Hill. Genau dafür sind Rytle-Bikes gemacht. Es steckt halt auch ein bisschen Krone in Rytle. Ein aktuelles Lastenrad zur Anschauung stand am Veranstaltungstag vor dem Digital Hub Logistics Hamburg vor der Eingangstür.
„Ein tolles Podium und Mischung zwischen Corporates und Start-ups, inklusive Relaunch des neuen Brandings von Pickshare von CEO Björn Marc Paulus. Die Zeit für eine Dekarbonisierung von Verkehr und anderen Sektoren läuft. Jetzt geht es um schnelle Umsetzungen im städtischen und auch im ländlichen Raum“, kommentierte Christoph von Viebahn von der Hochschule Hannover auf LinkedIn. Er fand die passenden Worte zum Abschluss eines spannenden Tages, der in den gängigen sozialen Medien noch lange nachhallte und eine Wiederholung von den Vordenkern einforderte. Vielleicht in Hannover…