© Hansestadt Lübeck
Die Digitalisierung umfasst den Ausbau von Netzen wie etwa Glasfaser oder das flächendendeckende Funknetz Long Range Wide Area Network (LoRaWAN), das als Ergänzung für ein stabiles und ausfallsicheres Netzwerk in der Region installiert wird. Fünf Mobilfunkantennen, die das gesamte Stadtgebiet bis nach Travemünde abdecken, sind bereits aufgestellt worden. In Lübeck wird eines von 73 Vorhaben im Zuge der „Modellprojekte Smart Cities“ von der Bundesregierung gefördert. Insgesamt stehen 820 Millionen Euro zur Verfügung.
Auf der Smart-City-Plattform der Hansestadt werden etwa intelligente Lösungen zu den Themen Mobilität, Klimaschutz, Umwelt und Energie präsentiert, die helfen, das Leben für alle einfacher und lebenswerter zu machen. Um die Mobilität zu verbessern, werden aktuelle Daten beispielsweise über Navigationssysteme laufend zur Verfügung gestellt. Mit LoRaWAN können Sensordaten gesammelt und genutzt werden, um smarte Lösungen anzubieten. Ein smartes Projekt ist die Eric-Warburg-Brücke, eine Klappbrücke am Rand der Lübecker Altstadt. Ihre dynamischen Öffnungszeiten können nun auch online eingesehen werden.
„Daten spielen für intelligente Städte und Gemeinden der Zukunft die entscheidende Rolle. Sie ermöglichen die Vernetzung bislang getrennter Bereiche der Verwaltung und der Stadt insgesamt. Daher stellt der in Lübeck praktizierte Ansatz der Datenerhebung und des Einsatzes einer Datenplattform das Herzstück einer Smart City dar“, so Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).
Mit Hilfe von Open Data lassen sich ortsbezogene Probleme identifizieren. So sind die knapp 5.500 Beschäftigten der Lübecker Verwaltung im Stadtgebiet verteilt und nur dann arbeitsfähig, wenn sie täglich neben dem digitalen Schriftverkehr auch mit der analogen Post von Bürgern, Partnern oder anderen Verwaltungsstellen versorgt werden. Bisher haben herkömmlich angetriebene Fahrzeuge im Lübecker Stadtgebiet etwa 5.000 Kilometer pro Monat allein für den internen Postaustausch zurückgelegt. Seit August setzt die Stadt nun auf einen klimafreundlichen Postverkehr: Der Fahrradkurierdienst Noord Transport erledigt den Großteil der Transporte mittels Lastenfahrrädern.
Mikrodepot geplant
Die Evaluierung der Daten hat weiterhin ergeben, dass die Situation im städtischen Lieferverkehr sehr angespannt ist und zu viele Lieferfahrzeuge in zweiter Reihe halten. Daher wurde beschlossen, ein Mikrodepot inklusive einer Photovoltaikanlage in der Falkenstraße am Rande der Altstadtinsel aufzubauen. Vier KEP-Dienstleister sollen künftig von dort aus Paketsendungen auf der letzten Meile per Lastenrad emissionsfrei zustellen. Die Lübecker Altstadt ist besonders attraktiv für die Lastenradnutzung, da viele Restriktionen des Kfz-Verkehrs nicht für Fahrräder gelten. Zum Beispiel sind große Teile der Kfz-Einbahnstraßen für den Zweirichtungsradverkehr freigegeben.
Die intelligente Mobilität ist eine der wichtigsten Säulen der digitalen Strategie. Dabei verliert in Lübeck der motorisierte Individualverkehr seine Vorrangstellung zugunsten des Fuß- und Radverkehrs. Ziel ist es, mit Hilfe von digitalen Anwendungen innovative Mobilitätskonzepte eng aufeinander abzustimmen. Hierzu zählen die intelligente Verkehrslenkung und Parkraumsteuerung auf Basis von Sensordaten oder die intelligente Abfallentsorgung, die sich nach aktuellen Füllständen und Kapazitäten richtet und nicht nach pauschal geplanten Fahrtrouten. „Intelligente Lösungen helfen uns in Zukunft dabei, das Leben für alle einfacher und lebenswerter zu machen, sozial gerechter zu gestalten und zeitgleich Umwelt und Klima zu schonen“, sagt Stefan Ivens, Chief Digital Officer der Stadt.
„Die Bemühungen der Stadtverwaltung in Sachen Digitalisierung zeigen sich auch im Deutschland-Ranking“, ergänzt Michael Pfefferle, Bereichsleiter Smart City und Mobility beim Digitalverband Bitkom. Jährlich untersucht Bitkom im Smart City Index die 81 deutschen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern und erhebt dafür mehr als 11.000 Daten. Lübeck belegt Platz 25 und verbesserte sich 2022 um 17 Plätze im Vergleich zum Vorjahr. In der Kategorie IT und Kommunikation ist Lübeck in den Top Ten und punktet durch den sehr guten Breitband- und 5‑G-Ausbau sowie den Baltic Future Port. „Lübeck sollte sich auf diesen erkennbaren Fortschritten nicht ausruhen. Gerade im Bereich Mobilität bestehen Verbesserungspotenziale, etwa indem zeitnah Mikrohubs und Zustellungen per Lastenrad umgesetzt werden.“
Smart Cities sind Gemeinschaftsprojekte von Verwaltung, Bürgerschaft und Wirtschaft
Auch der Verkehrsfluss ist Bestandteil des Themenfeldes „intelligente Mobilität“. Daher werden Vermessungsdaten im städtischen Geoportal visualisiert und vernetzt. Beim flächendeckenden Breitbandausbau hat die Leitstelle Verkehrsflussmanagement die Baumaßnahmen erster Stadtteile aufeinander abgestimmt. Damit werden an einem Ort zur selben Zeit Glasfaser verlegt, die Straßenbeleuchtung mit LED erneuert sowie die Gehwege saniert. Das spart Zeit, Material sowie Personal und ist damit wirtschaftlicher und nachhaltiger.
Zu einer Smart City gehört eine intelligent vernetzte Wirtschaft. So wird auch der Lübecker Hafen weiter digitalisiert. Es sollen die komplexen, ineinandergreifenden Prozesse, die für die Abfertigung der in Lübeck ankommenden Ware aus und in Richtung Skandinavien und in alle Welt notwendig sind, optimiert werden. Technische Basis für dieses Digitalisierungsvorhaben ist der neue Mobilfunkstandard 5G. Zu diesem Zweck wurde das Projekt Baltic Future Port als Teil der digitalen Strategie der Hansestadt Lübeck initiiert. „Wir wollen mit modernster Technologie den Wirtschaftsstandort stärken und durch intelligente Vernetzung den Akteuren im Hafen relevante Informationen einfacher zur Verfügung stellen. Dadurch können die Verkehre optimiert werden, was wiederum einen positiven Effekt auf das Klima hat“, sagt Ivens weiter.
„Ob Kleinstadt oder Metropole, die Digitalisierung ist heute der entscheidende Faktor für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Investitionen in die Digitalisierung der Infrastruktur und des Hafens sind Zukunftsinvestitionen“, bestätigt Pfefferle vom Bitkom.
Digitaler Zwilling soll unterstützen
Insbesondere leistungsfähiger soll der Hafen werden. Ein digitaler Zwilling soll dabei unterstützen, Flächen und Terminals effizienter auszulasten, die logistischen Abläufe transparenter darzustellen und damit die Güterverkehre zu optimieren. Hierzu werden Logistikhallen und ‑flächen virtuell als 3‑D-Modelle erstellt. Die Technische Hochschule Lübeck und die Universität zu Lübeck unterstützen das Projekt Baltic Future Port wissenschaftlich.
Daneben sollen Bevölkerung und Wirtschaft in Lübeck die Planungen und Entscheidungen auf dem Weg zur Smart City mittragen. Daher wurde der Beirat „Lübeck Digital“ gegründet, in dem ein Querschnitt der gesellschaftlichen Gruppen vertreten ist und der für Verwaltung und Politik eine beratende Funktion übernimmt. „Smart Cities sind Gemeinschaftsprojekte von Verwaltung, Bürgerschaft und Wirtschaft. Hier stellt die Stadt Lübeck, die in Deutschland eine bereits seit Jahrhunderten währende Tradition in der Vernetzung von Handel und Gesellschaft aufweist, die richtigen Weichen“, so Handschuh.