BIEK-Studie zur Integration des ÖPNV in die Paketlogistik
vom Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK)
Ist die Paketzustellung per ÖPNV eine Alternative für die letzte Meile? FOTO: iStock
Um verkehrliche Belastungen und Emissionen zu reduzieren, nutzen die Paketdienste verstärkt Alternativen zur klassischen Paketzustellung mit konventionellen Nutzfahrzeugen. Eine dieser Alternativen könnte in Zukunft der Transport von Paketen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sein. Kann die ÖPNV-Integration in die Paketlogistik zu mehr Nachhaltigkeit auf der letzten Meile beitragen und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Diese Fragen ließ der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) nun in einer Studie untersuchen. Der Autor Prof. Dr. Ralf Bogdanski und die Autorin Cathrin Cailliau beleuchten die Potenziale und Grenzen des ÖPNV für die letzte Meile erstmals mithilfe eines Expertenpanels aus KEP- (Kurier‑, Express‑, Paket-) und ÖPNV-Unternehmen.
Die zentralen Ergebnisse der Studie „KEP und ÖPNV – Chance für die letzte Meile? Untersuchung zur Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen für den Pakettransport auf der letzten Meile“ sind:
- Der Transport von Paketen in ÖPNV-Fahrzeugen sollte bevorzugt im Mischbetrieb aus Personen und Gütern erfolgen. Ein exklusiver Güterbetrieb lässt sich eher nicht umsetzen.
- Die Nutzung von ÖPNV zum Gütertransport im Mischbetrieb sollte in Nebenzeiten erfolgen, wenn die ÖPNV-Kapazitäten nicht ausgelastet sind – mit Vorrang der Personenbeförderung.
- Zur Umsetzung von Gütertransporten via ÖPNV im Mischbetrieb wäre zunächst ein politischer Wille notwendig, auf allen föderalen Ebenen in Deutschland. Die Politik müsste den notwendigen Rahmen schaffen, damit der Gütertransport ein zulässiges Tätigkeitsfeld von ÖPNV-Betreibern werden könnte.
- Für die erforderlichen Investitionen wären Förderungen notwendig. Dies beträfe etwa logistikgerechte Umbauten an ÖPNV-Verkehrsmitteln und an der Infrastruktur.
- Die erfolgreiche logistische ÖPNV-Integration in die letzte Meile des Pakettransports hinge stark ab von der Lage der KEP-Depots, der Zustellgebiete in den ÖPNV-Netzen und den logistischen Eignungen der ÖPNV-Verkehrssysteme selbst.
- Je länger die Strecke, auf der Pakete im ÖPNV transportiert werden würden, desto ökoeffizienter wäre das Konzept und desto weniger fielen die zusätzlich notwendigen Umschlagsprozesse ins Gewicht. Vor allem für Mittel- und Kleinstädte in größeren Ballungsräumen böte sich das Konzept an, denn hier werden längere Strecken als Direktverbindungen mit dem Schienennahverkehr zurückgelegt.
- Eine sinnvolle Erweiterung des Konzepts wären anbieteroffene Paketstationen für zeitunkritische Paketsendungen an geeigneten Zielbahnhöfen bzw. Haltestellen.
- Es sollten standardisierte Wechselbehälter zum Einsatz kommen, um den Aufwand bei der Zulassung von logistikgerechten Umbauten der ÖPNV-Verkehrsmittel zur Ladungssicherung zu reduzieren. Zudem müssten die Wechselbehälter auf alle marktgängigen Lastenradmodelle und auf die Anlagentechnik in KEP-Depots angepasst werden.
- Strittig wären Fragen zum Risikoübergang, zur Haftung und zu möglichen Regressforderungen, wenn der Transportauftrag durch ÖPNV-Betreiber nicht erfüllt wird. Auch etwaige Personalkapazitäten für den zweifachen Behälterumschlag im kombinierten Verkehr wären zu klären.
„Die Paketdienstleister sind seit jeher offen für die Erprobung und den Einsatz von innovativen Konzepten, die eine nachhaltige und effiziente Paketlogistik fördern“, so Marten Bosselmann, Vorsitzender des BIEK. „Es gibt nicht die eine Lösung für alle Herausforderungen auf der letzten Meile. Die Unternehmen setzen auf viele unterschiedliche Maßnahmen, die die Zustellung von täglich 15 Mio. Sendungen an neun Mio. Empfängerinnen und Empfänger immer weiter optimieren. Dazu gehört der Einsatz von E‑Fahrzeugen, Lastenfahrrädern u. v. m. Die Nutzung des ÖPNV kann ein Bestandteil dieser vielfältigen Maßnahmen werden, dafür müsste die Politik allerdings zunächst den notwendigen rechtlichen und finanziellen Rahmen schaffen. Der Gütertransport müsste ein zulässiges und wirtschaftlich tragfähiges Tätigkeitsfeld von ÖPNV-Betreibern werden.“
Prof. Dr. Ralf Bogdanski, Professor für Nachhaltige Stadtlogistik an der TH Nürnberg Georg Simon Ohm und Autor der Studie, fügt hinzu: „Wir konnten feststellen, dass alle befragten Expertinnen und Experten aus den KEP- und ÖPNV-Unternehmen grundsätzlich offen dafür sind, den Pakettransport im ÖPNV im Mischbetrieb zu erproben. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Wenn die notwendigen Rahmenbedingungen gegeben sind, könnten nicht nur konventionelle Fahrzeuge eingespart, sondern auch die nachhaltige Zustellung mit Lastenfahrrädern – in diesem Fall von den Bahnhöfen und Haltestellen aus – eine noch breitere Anwendung finden. Der Hauptvorteil: Die bisher erforderlichen und schwer zu findenden Mikrodepots könnten bei diesem Konzept entfallen.“